Eine Kulturgeschichte der mehrsprachigen Schweiz


Die Karikatur aus dem Nebelspalter vom 10. November 1917 zeigt, dass die Schweiz Anfang des 20. Jahrhunderts entlang der Sprachgrenze gespalten ist.© Nebelspalter

Sprachen sind nicht nur blosses Mittel zur Kommunikation, sondern sie bestimmen unseren Alltag und sind Teil der Kultur. In der Schweiz sind neben den vier Landessprachen unzählige Dialekte, Akzente, Slangs und Sprachen von Eingewanderten zu hören.

Die Ausstellung (Sprachenland Schweiz) ist eine Reise durch die Schweizer Sprachräume. Mit interaktiver Soundtechnik erfährt man, wie die Vorläufer unserer Sprachen geboren wurden, sie sich weiterentwickelten oder gar ausstarben, neue Sprach- und Kulturgrenzen entstanden und wie um sie gestritten wurde und auch heute noch gerungen wird.

Historische Ereignisse haben die Entwicklung der Sprache entscheidend geprägt, wie beispielsweise die Reformation. Die in Zürich um Ulrich Zwingli (1489-1531) entstandene Bibelausgabe von 1524 war in einer Schriftsprache nahe am gesprochenen Deutsch der Region verfasst.

Die Reformatoren in der Westschweiz sprachen jedoch nicht das regionale Patois, sondern das Französisch der Oberschicht aus dem Norden Frankreichs. Jahrhunderte später sind die regionalen Dialekte, le patois, der französischen Schweiz fast verschwunden, während Schweizerdeutsch den Alltag dominiert.

Sprachen sind in der Schweiz ein zentrales immaterielles Kulturgut, auf das in dieser Ausstellung ein kulturhistorischer Blick geworfen wird. Alle Sprachregionen haben einen Prozess der Standardisierung durchlaufen, entwickelten sich aber gerade auf der Ebene der gesprochenen Sprache unterschiedlich.

In der Westschweiz wurden die regionalen Mundarten, die sogenannten Patois, bis zum Ende des 17. Jahrhunderts weitgehend vom Französischen verdrängt.

In der Deutschschweiz hatte die Reformation und der Buchdruck einen wichtigen Einfluss auf die Verbreitung der Schriftsprache. Im Unterschied zu den anderen Sprachregionen war die Stigmatisierung der Mundarten aber weniger konsequent. Im 19. Jahrhundert erfuhren die Schweizerdeutschen Dialekte eine positive Aufwertung,

In der italienischsprachige Schweiz stetzte das toskanische Italienisch sich als Schrift- und Verwaltungssprache durch.

Der rätoromanische Sprachraum reichte einst bis zum Bodensee, wurde aber früh von Deutsch verdrängt. Die Standardisierung lief nicht auf eine Sprache hinaus, sondern auf fünf Idiome, die sich in den Bergregionen zueinander entwickelten.

Die offizielle Viersprachigkeit der Schweiz bestimmt heute das Selbstbild des Landes. Sie basiert zwar auf der historischen Entwicklung der zuvor aufgezeigten Sprachregionen, auf politischer Ebene entstand sie jedoch erst mit der Gründung des modernen Bundesstaates vor 175 Jahren.

Die Ausstellung widmet sich auch der Politisierung der Viersprachigkeit in der Schweiz. Im Vordergrund steht dabei das gemeinsame Ringen um die Sprache(n) und die Frage, ob und wie die Viersprachigkeit zur Schweizer Identität gehört.

Entlang einer Chronologie stehen verschiedene Objekte für einzelne Momente der Politisierung der Sprache. Die Bundesverfassung von 1848, in der die drei Hauptsprachen der Schweiz Nationalsprachen des Bundes werden, markiert den Moment, wo die Schweiz offiziell ein mehrsprachiger Staat wird.

Im Kontext der nationalistischen Strömungen Anfang des 20. Jahrhunderts war die Schweiz entlang der Sprachgrenze gespalten, und besonders während des Ersten Weltkrieges verhärteten sich die Fronten zwischen der «deutschen Schweiz» und der «Suisse française» (Der Röstigraben).

Die Viersprachigkeit sollte zu einem Wesensmerkmal der nationalen Identität werden. So wurde dann 1938 auch das Rätoromanische als vierte Landessprache in der Verfassung verankert.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es auch immer wieder zu Spannungen zwischen den Sprachregionen. Die deutlichste politische Spaltung entlang der Sprachgrenze zeigte sich am 6. Dezember 1992 bei der Abstimmung über den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR.

Das Plakat zum Frühenglischen an der Primarschule verdeutlicht schliesslich einen aktuellen Sprachenkonflikt: Die Tatsache, dass in einigen Deutschschweizer Kantonen heute Englisch statt Französisch als erste Fremdsprache unterrichtet wird, betrachten Westschweizer Kantone als Bedrohung der kulturellen Identität der Schweiz.

Dieser «Sprachenstreit» zeigt, dass die Sprachenpolitik der Schweiz sich noch heute ständig verändert und neue Fragen aufwirft.

Künstliche Intelligenz im Dienste der Ökologie


Nationalparkzentrum. Bild der Ausstellung ´Bits, Bytes & Biodiversity´. Foto: TES

Die Ausstellung (Bits, Bytes & Biodiversität) zeigt aktuelle Forschungsprojekte der Universität Zürich. Ökologinnen und Ökologen untersuchen, wie Tier- und Pflanzenwelten auf menschliche und klimatische Einflüsse reagieren.

Dabei greift die Wissenschaft immer mehr auf digitale Hilfsmittel zurück. Beispielsweise auf Kamerafallen, wie sie auch der Schweizerische Nationalpark einsetzt.

Dank diese Kamerafallen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Wildtiere beobachten, ohne ihr Verhalten zu beeinflussen und ohne zu invasiven Mitteln wie Halsbändern oder Ohrmarken greifen zu müssen. Allerdings fallen dabei riesige Datenmengen an, deren Auswertung zeitaufwendig ist. Hier schafft die künstliche Intelligenz (KI) Abhilfe.

Der Vertrag von Lausanne


Photographie des hommes ayant pris part à la cérémonie de la signature du traité de Lausanne devant l’Hôtel Beau-Rivage, 24 juillet 1923. © Les Archives de la Ville de Lausanne (AVL), CH-000100-3 ADM-B1-224.10.2.89-12

Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) und dem Zusammenbruch von den österreichischen, osmanischen, russischen und deutschen Imperien war Europa von Gewalt und Instabilität geprägt.

Der am 24. Juli 1923 unterzeichnete Vertrag von Lausanne ist das einzige der nach dem Konflikt geschlossenen Abkommen, das noch immer seine Wirkung entfaltet. Der Vertrag ist für die Geschichte Europas und des Nahen Ostens von grosser Bedeutung.

Die Ausstellung zeigt die Höhepunkte und Schauplätze der fast neun Monate dauernden Konferenz. Sie stellt Verbindungen zwischen den Zeiträumen her und zeigt die heutige Bedeutung des Vertrags in diesem Teil Europas und im Nahen Osten.

Das Ökosystem, Kunst und Kulturstiftung Basel H. Geiger


Riikka Tauriainen, Meike Vogt, Plankton Imaginary, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Wer sich fragt, was Plankton, Bakterien, Geruch und Duft, Lachs, Empathie für Fische und das wundersame, aber weitgehend unbekannte Ökosystem der Ozeane mit Kunst zu tun haben, sollte die neue Ausstellung in der Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G besuchen (Eintritt und Katalog sind jeweils kostenlos).

Die Stiftung widmet den ökologischen Herausforderungen unserer Zeit eine interaktive Ausstellung (EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog). In fünf thematisch unterschiedlichen Projekten dokumentiert sie die Auseinandersetzung transdisziplinärer Teams mit aktuellen und drängenden Fragen aus Bereichen der Ökologie, Biologie und Klimaforschung.

Die Ökologie als wissenschaftliche Disziplin erkennt die inhärente Komplexität und Vernetzung natürlicher Systeme an. Kuratorin Martina Huber und Kurator Gianni Jetzer haben 2022 das Projekt EXPERIMENTAL ECOLOGY 2022 als Plattform für Künstler- und Wissenschaftle:innen im Bereich Ökologie ins Leben gerufen.

Es wird zunehmend klar, dass diese Komplexität über die Wissenschaft hinausgeht. Auch die Kunst is gefragt. Das Projekt  EXPERIMENTAL ECOLOGY postuliert die Notwendigkeit die ökologischen Untersuchungen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit einzugehen.

Die Ausstellung  unterstreicht das Potenzial der Kunst, nicht nur die Dringlichkeit  ökologischer Probleme und Entwicklungen zu vermitteln und die Öffentlichkeit zu mobilisieren, sondern auch die unfassbare Schönheit der Natur zu zeigen und zu verstehen.

Der Mensch war nie von der Natur getrennt, und nur wenn wir unsere Evolutionsgeschichte und die Herausforderungen verstehen, mit denen alle Organismen konfrontiert sind, können wur unsere eigene Natur wirklich schätzen. Wir sind Tiere und wie jedes andere Tier ein Teil der natürlichen Welt. Wir müssen also zuerst die Ökologie dieser Welt verstehen” (Alex Jordan, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, S. 39. Basel 2023)

Die fünf internationalen Teams und ihre Projekte

Ingo Niermann, Alex Jordan, 2023, Welcome to My World, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Fische, Menschen und Empathie

Der Künstler und Autor Ingo Niermann und  der Biologe Alex Jordan stellen im Projekt Welcome to My World die Frage: «Wie fühlen Fische?» oder «Wie fühlt man wie ein Fisch?». Sie schaffen ein KI-Szenario, in dem Besucher und Besucherinnen Empathie mit einer eher unscheinbaren Meereskreatur sowie für ihr Leben und Fühlen entwickeln können, denn für die Künstler steht fest, «dass das Meer die grösste Herausforderung für die Ausweitung der menschlichen Liebe ist». Ein ausstellungsbegleitender Workshop findet am 12. September statt.

Sissel Tolaas, Christina Agapakis, The Suiss_ The Cheese, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Geruch, Käse und Menschliche Haut

Die Geruchs-Researcherin Sissel Tolaas und die Biologin Christina Agapakis beschäftigen sich mit der Wahrnehmung und Akzeptanz von Geruch in der Gesellschaft. Sie erforschen die mikrobiellen Elemente des menschlichen Körpergeruchs, der einen ganz ähnlichen mikrobiellen Ursprung hat wie der Geruch von Käse (im Projekt The SUISS_The Cheese). Um diesen Zusammenhang weiter zu erforschen, experimentieren sie mit der Herstellung von Käse unter Verwendung von Starterkulturen, gesammelt auf menschlicher Haut. Es gibt am 7. Oktober einen Workshop.

Michelle-Marie Letelier, Karin Pittman, Salm Ethos, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Lachs und Lachszucht

Die Meeres- und Fischbiologin Karin Pittman und die Künstlerin Michelle-Marie Letelier gehen gemeinsam der Frage nach, inwieweit fehlende Empathie dem erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel im Wege steht. In ihrem Projekt Salm Ethos befassen sie sich mit den geopolitischen Auswirkungen des Lachszuchts, der von Firmen aus dem globalen Norden im globalen Süden eingesetzt wird. Genau hier liegt die Problematik: Lachse sind in der südlichen Hemisphäre (Chili, zum Beispiel) nicht heimisch, dennoch werden sie dort für den globalen Markt gezüchtet. Diese und weitere Fragen werden im interaktiven Theaterstück Salm Ethos bearbeitet, das drei Mal während der Ausstellung zur Aufführung kommt  (20. September, 1.Oktober und 29.Oktober).

Zheng Bo, Matthias Rillig, The Political Life of Plants 2, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Pflanzen und ihre Welt

Der Künstler Zheng Bo und der Biologe Matthias C. Rilling diskutieren die Beziehung zwischen Mensch und Pflanzen in The political Life of Plants 2. Dazu beziehen sie die Biologie, die Ökonomie und die Politik der Pflanzen genauso mit ein wie die Anhäufung von Plastik in Böden und der Wasserwelt. «Die Bodenökologie ist von entscheidender Bedeutung für die Bereitstellung einer Vielzahl von Ökosystemen, die dem Menschen dienen, sowie für die Eindämmung des Klimawandels.» Wie verändern sich Pflanzen durch den Klimawandel, wie passen sie sich an, und wie können wir Menschen ihre Perspektive einnehmen. Durch die Umkehr von Perspektiven und Rollen werden Pflanzen auf eine ganz neue Art entdeckt.

Riikka Tauriainen & Meike Vogt, Plankton Imaginary, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Plankton-Motor der Evolution (Siehe auch Microscopia. Le plancton, du Léman à l’océan)

Welche Rolle spielt Plankton im marinen Ökosystem und in der Regulierung des Erdklimas?. Mit dieser Fragestellung mit dem Titel Drifting into the Plankton Imaginary lassen die Der Künstlerin Riikka Tauriainen und die Klimaforscherin und Meeresökologin Meike Vogt in die uralte Welt des Plankton eintauchen. «Plankton reagiert empfindlich auf Umweltveränderungen und sein Zustand korrespondiert mit dem Wohlergehen des gesamten Meereslebens”.  Ein Workshop findet am 21. Oktober statt.

Fazit

Kunst kann Veränderung anstossen, davon sind die Kuratorin Martina Huber und der Kurator Gianni Jetzer (und die Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G) überzeugt:

«Die Ökologie ist heute ein weit verzweigtes Wissensgebiet in dem sich interessante Unterkategorien entwickelt haben. Im letzten Jahrzehnt ist der Einfluss des Menschen auf die Biosphäre der Erde zu einem drängenden Thema geworden, das auf verschiedenen Ebenen behandelt wird. Oft werden künstlerische und wissenschaftliche Ansätze aber getrennt, da es kaum Raum für einen Austausch gibt. Das wollen wir ändern“ (Martina Huber und Gianni Jetzer, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, S. 17-22. Basel 2023).

Der Fauvismus und seine Künstler


Maurice de Vlaminck, «André Derain», 1906, The Metropolitan Museum of Art, Jacques and Natasha Gelman Collection, 1998, © 2023, ProLitteris, Zurich

Die Ausstellung präsentiert die Farbexperimente des Fauvismus. Eine lose Gruppe von Künstlern um Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck führte anfangs des 20. Jahrhunderts revolutionäre Farbexperimente durch.

Der Kunstkritiker Louis Vauxcelles gab ihnen 1905 ihren Namen: Um diese im Jahr 1905 noch unbekannte Künstler-Clique in seinem Artikel zu beschreiben, verwendete er den Begriff «fauves.

Der Kritiker erkannte in der expressiven Art des Farbauftrags, in den ungewöhnlichen und oft grellen Farbkombinationen sowie im Verzicht auf naturgetreue Wiedergabe von Lokalfarben einen Bruch mit akademischen Konventionen.

Der Fauvismus war die erste Avantgarde-Bewegung des 20. Jahrhunderts. Während einer kurzen Zeit, von 1904–1908, war er tonangebend in der Kunstmetropole Paris. Sein Einfluss währte weit darüber hinaus. Georges Braque, Raoul Dufy und Kees van Dongen schlossen sich unter anderen der Bewegung an.

Zeitlich fällt der Fauvismus in die Belle Époque, in der sich die moderne, urbane Massengesellschaft rasant weiterentwickelt. Die Mobilität nimmt zu und die Werbe- und Tourismusindustrie bildet sich heraus.

Caspar Friedrich und die Vorboten der Romantik


Caspar Friedrichs, Mondaufgang am Meer, 1822 Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

In Caspar Friedrichs (1774-1840) Gemälden kommt ein neues, romantisches Verhältnis von Mensch und Natur zum Ausdruck. Mit seinen Stimmungslandschaften und seinen Bildfindungen definierte er die Gattung der Landschaftsmalerei an der Schwelle zur Moderne neu und verlieh ihr neue inhaltliche Dimensionen.

Seine herausragende künstlerische Stellung, seine Innovationskraft und sein wegweisender Beitrag zur Kunstgeschichte sind unbestritten, aber sein Werk wird bis heute kontrovers diskutiert.

Die einen Interpretationen sehen darin religiöse Symbole, die anderen politische Botschaften. Sie sind zugleich Ausdruck emotionaler Befindlichkeit wie auch nüchterne Darstellungen von naturwissenschaftlicher Präzision.

Bisher wenig Beachtung fand die Frage, woher Friedrich Anregung für sein Schaffen fand, welche Künstler er bewunderte und wie diese sein Werk beeinflussten.

In der Ausstellung (im Reinhart am Stadtgarten) werden die Vertreter einer frühen Stimmungslandschaft als Vorboten der Romantik in Bezug zu Friedrichs Werken gesetzt. Dazu zählen niederländische Landschaftsmaler des Goldenen Zeitalters, aber auch Meister wie Claude Lorrain oder Adrian Zingg und andere Landschaftsmaler des 18. Jahrhunderts.

In der präzsien Gegenüberstellung mit diesen bedeutenden künstlerischen Vorläufern kann Friedrichs Werk neu diskutiert und entdeckt werden.

Das Kunst Museum Winterthur verfügt über die bedeutendste Werkgruppe zur Deutschen Romantik ausserhalb der Bundesrepublik.

Im Bad der Farben – Renoir und Monet an der Grenouillère


(English) Pierre-Auguste Renoir, La Grenouillère, 1869 Öl auf Leinwand, 65 x 92 cm © Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» / P. Schälchli, Zürich

Die Ausstellung Im Bad der Farben – Renoir und Monet an der Grenouillère führt zwei ikonische Werke des Frühimpressionismus erstmalig wieder zusammen.

Den Sommer 1869 verbrachten die beiden jungen Maler Pierre-Auguste Renoir und Claude Monet in der Nähe von Paris. Beide hatten den Traum eines Bildes: Einer vibrierenden Sommerlandschaft, voller Leben und Zufällen, ganz dem Moment und dem sich ständig veränderndem Licht gewidmet, das Auf und Ab der lärmenden Sommerfrischler und das stetige Glitzern des vom Wind und den schaukelnden Booten bewegten Wassers widerspiegelnd.

Die Bilder können nun erstmalig seit ihrer gemeinsamen Entstehung im direkten Vergleich gesehen werden. Die kleine Einzelstudie Monets zweier Boote aus der Kunsthalle Bremen ergänzt das Ensemble. Zusätzlich werden weitere Leihgaben die Darstellung bewegten Wassers in der Folge der Grenouillèrebilder nachzeichnen.

Reproduktionen der weiteren Werke, die an der Grenouillère entstanden sind, wie auch historische Dokumente führen den Diskurs fort, ergänzt um ganz gegenwärtige Aufnahmen des berühmten Ortes.

Die Nacht auf fünf Kontinenten


(Nederlands) Juan S. Hernandez, ontwerp voor vuurwerk Castillo, Octolán de Morelos, Oaxaca. Mexico, 1960. Sammlung Valetin Jaquet, ME 95

Das Museum der Kulturen in Basel präsentiert die Nacht als Thema einer Ausstellung (Nacht – träumen oder wachen) in einer – wie könnte es anders sein – multikulturellen Geschichte. Die Ausstellung führt den Besucher durch die Nacht und zeigt Kunst und Alltagsgegenstände aus fünf Kontinenten.

Die heutige Nacht in der modernen (europäischen) Gesellschaft unterscheidet sich deutlich von der Nacht im 19. Jh. oder noch weiter zurückliegenden Zeiten. Lichtverschmutzung und Lärmbelästigung in der Nacht sind zum Beispiel Begriffe aus dem letzten Jahrhundert.

Viele Facetten der Nacht, Angst und Freude, Licht und Schatten, schöne, aber auch düstere Seiten wechseln sich ab. Gerade diese Gegensätze machen für viele Kulturen die Faszination der Nacht aus.

Fledermausmaske, Burkina Faso, vor 1973. III 19733

Windzauber mit Fledermäusen, Papua-Neuguinea, Awar, 1930. Vb 9304

Die Ausstellung assoziiert die Fledermaus als nachtaktives Tier sowohl mit einer negativen als auch mit einer positiven Bedeutung. Auf der Welt gibt es etwa 1 000 Arten. Die Kunst hat der Fledermaus viele Objekte gewidmet, von Batman als Beschützer des Guten bis hin zur Fledermaus als Überbringerin von Unheil und Krankheiten

Vergrösserter Gipsabguss eines Fledermauskopfes. Naturhistorisches Museum Basel. Leihgabe

Schon immer hatte die Nacht auch etwas Unheilvolles an sich. Hexen, Dämonen, Geister, Teufel und andere Fabelwesen erwachten in der Nacht zum Leben. Amulette, Abendgebete und andere Gegenstände erwirkten Schutz oder sollten ihn bringen.

Der Dämonenkönig Kala Rahu, Bali, um 1940. Geschenk von Georg Andre Schlager. IIc 16412

Die Nacht steht nicht nur für Abendlieder, Träume und Schlaf, sondern auch für Schlafwandeln, Albträume und Schlaflosigkeit. Dieses Thema hat die Wissenschaft, die Kunst, die Menschen von jeher beschäftigt, wie die Ausstellung zeigt.

Die Themen Nachtwäsche und Betten, letztere in allen Formen und Grössen, mit besonderem Augenmerk auf Babys und Kinder, erhalten ebenfalls Raum. Die menschliche Kreativität bezüglich Anpassung der Einrichtung des Schlafzimmers an die verschiedenen klimatischen und sonstigen Verhältnisse auf allen Kontinenten, ist fast unerschöpflich.

Impressionen von den vielen Schlaf- und Sitzunterlagen

In den Städten und Dörfern war es früher stockdunkel und nahezu still. Nur Vagabunden, Kutschen, Kirchenglocken und Nachtwächter machten sich bemerkbar. Laternen und Fackeln erhellten die Stadt. Nachtwächter und Laternenanzünder machten in allen Städten bis weit ins neunzehnte Jahrhundert hinein ihre Runden und hatten ihre Rituale.

Die Nacht war auch die Zeit der (religiösen) Feste und Veranstaltungen. Fasnacht, Vollmond, Nikolaus, Feuerwerk oder spirituelle Manifestationen fanden oft in der Dunkelheit statt oder begannen dann.

Auch die untergehende Sonne, der Sternenhimmel, der Mond und die nächtlichen Landschaften wurden in der Kunst auf allen Kontinenten auf die unterschiedlichste Weise dargestellt.

Heutzutage gibt es in den Städten ein immenses Angebot an Veranstaltungen verschiedenster Art. Hightech-Präsentationen zeigen das aktuelle Nachtleben in der Stadt Basel.

Guckkasten Polyorama Panoptique, 1850, Frankreich, Reproduktionen der Bilder (2023). Geschenk von Sophie Zahn-Sarasin 1950. VI 19090.00,01-03, 05-07,09-11

Die Champs d ‚Élysées bei Nacht und Tag

Als Vorläufer des Kinos zeigten Guckkästen bis ins 20. Jahrhundert Ansichten von fernen Landschaften, Städten oder gesellschaftlichen Ereignissen. Durch den Wechsel von Auf- und Durchlicht verwandelten sich die Tagesansichten in zauberhafte nächtliche Szenen. Die Faszination für diese Bilder war gross, vielleicht vergleichbar mit den Panoramen des 19. Jahhunderts.

Die Ausstellung vermittelt ein eindrucksvolles und lebendiges Bild von (künstlerischen) Erfahrungen und Erlebnissen der Nacht auf verschiedenen Kontinenten. Es ist ein anspruchsvolles Thema. Die vielseitige Präsentation, die grosse Vielfalt an (Kunst-)Objekten und die modernen Techniken vermitteln einen guten Eindruck vom Phänomen der Nacht.

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Die Stadt Chur (Kanton Graubünden) hatte bis zum 31. Dezember 1887 12 Nachtwächter. Sie kündigten die Abendwache ab 19.00 Uhr (sibni) und später die Morgenwache durch Singen von Versen an. Foto: TES

Die Abendwache:

I träta jezz uf d’Abedwacht,

Gott geb üs allna a guati Nacht.

Und löschan all Füür und Liacht,

Dass üs dar liabi Gott whol b’hüat.

Sibni hätts g’schlaga, das tuan ieu kund,

Gott gäb üs allna a guati Stund

Die Morgenwache:

Stönd uuf im Nama Jesu Christ,

Dar helli Tag vorhanda isch

Dar helli Tag üs nia verlaat,’

Gott gäb üs allna guata Tag.

A guatta Tag, a a glückseeligi Stund:

Das bitt’i Gott vo Herzansgrund

Der Rhein im Wandel


Plakat der Ausstellung. Museum am Lindenplatz

Über drei Jahre hinweg erarbeiteten 38 Museen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz im Netzwerk Museen Ausstellungen zum Thema Rhein. Es handelt sich dabei um das grösste Rhein-Projekt seit  Johann Gottfried Tulla (1770-1828) und seine Rhein-Regulierung und Rhein-Korrektur.

Im Museum am Lindenplatz ist die Ausstellung „Lebensader. Rhein im Wandel“ zu sehen, die die lokale und regionale Bedeutung des Rheins hervorhebt.

Einst war der Rhein ein verzweigter Strom mit Sandbänken und Schilfbewuchs. Industrialisierung, Rheinhafen sowie der Ausbau zu einer zentralen Verkehrsstrasse haben den Fluss verändert und entmythisiert.

Peter Birmann (1758-1844), Rheinlandschaft beim Isteiner Klotz, undatiert (19. Jahhundert). Kunstmuseum Basel

Der Rhein bei Neuenburg (D), 2023

Für viele blieb der Rhein aber nach wie vor ein romantischer Sehnsuchtsort, wie Rheinmotive aus Kunstsammlungen zeigen. Der Rhein ist seit jeher ein ambivalenter Lebensraum:  er ist durch den Menschen bedroht und gilt selbst als Bedrohung.

Hochwasserschutz, Artenschutz, Mikroplastik und Klimawandel sind die grossen Zukunftsfragen des 21. Jahrhunderts. Die Ausstellung richtet den Fokus gezielt auf Probleme, Herausforderungen und Umweltschutz-Projekte in Weil am Rhein und der Region.

Édouard Vuillard und die japanische Kunst


Utagawa Kunisada (Toyokuni III), Frau mit Kamm vor einem Spiegel, 1800-1865. Museum Jenisch Vevey - Cabinet cantonal des estampes, Sammlung der Stadt Vevey © Foto Musée Jenisch Vevey / Julien Gremaud

Im Sommer 2023 stellt die Fondation das Werk von Édouard Vuillard (1868–1940) unter dem Gesichtspunkt des Japonismus. Das Projekt, dessen Mittelpunkt die in der Hermitage bewahrte zarte Landschaft La Maison de Roussel à La Montagne (1900) bildet, zeigt den entscheidenden Einfluss der japanischen Kunst auf das Schaffen des Nabi-Meisters.

Als grosser Sammler von Ukiyo-e-Holzschnitten fand Vuillard in diesen exotischen Werken neue Formate, eine besondere Radikalität der Komposition und des Bildausschnitts sowie einzigartige Motive, die seine ästhetische Sprache entscheidend bereicherten.

Rund 100 zwischen den 1890er-Jahren und dem Ersten Weltkrieg entstandene Gemälde und Druckgrafiken des Künstlers führen einen Dialog mit etwa 50 Meisterwerken aus dem Land der aufgehenden Sonne.

Vuillard wurde durch die grosse Ausstellung, welche die École des Beaux-Arts 1890 der Kunst Japans widmete, auf die japanische Ästhetik aufmerksam.

Während alle Nabi-Maler, sammelte Vuillard die grösste Anzahl an Drucken: 180 Holzschnitte. Die von japanischen Landschaften, Geishas oder Kabuki-Schauspielern inspirierten Werke wurden von den Meistern des japanischen Holzschnitts geschaffen.

Von 1890 bis 1914 prägen die Bezüge zur japanischen Kunst Vuillards Gemälde, Zeichnungen und Lithografien. Die Schau konzentriert sich auf die Genres Interieurs und Landschaften, um zu zeigen, wie sich der Künstler diese auf sehr persönliche Weise aneignet.

Die Ausstellung wird durch ein Werkensemble von Vuillards Nabi-Freunden ergänzt, die sich alle von der japanischen Kunst beeinflussen liessen: Pierre Bonnard, Maurice Denis, Paul Élie Ranson und Félix Vallotton.