Forum Würth Arlesheim. Foto/Photo: TES

Die Kunstdependancen der Würth-Gruppe in der Schweiz

Die Geschichte der Würth-Gruppe beginnt 1945 in Künzelsau, einer Kleinstadt in Hohenlohe (Baden-Württemberg). In diesem Jahr gründete Adolf Würth (1909-1954) die Firma Adolf Würth GmbH & Co. KG, die sein Sohn Reinhold Würth (*1935) 1954 übernahm.

Die Internationalisierung der Würth-Gruppe wurde vorangetrieben. Bereits Anfang der 1960er Jahre wurden die ersten europäischen Gesellschaften gegründet, darunter auch in der Schweiz und Österreich.

Über viele Jahrzehnte entwickelte sich der Schraubengrosshandel zum weltweit grössten Unternehmen für Montage- und Befestigungstechnik und zur Würth-Gruppe. Heute ist das Unternehmen mit Niederlassungen auf fünf Kontinenten vertreten.

Die Schlossmühle war das erste Firmengebäude der Firma Würth im Jahr 1945. Bildnachweis: Würth Archiv

Ein Konzern mit einem Faible für Gesellschaft, Kunst und Kultur

Das Besondere an diesem Unternehmen ist jedoch sein Engagement auf dem Gebiet des Sozialen und der Kultur im weitesten Sinne,  in den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Sport, Musik und Theater.

Prof. Dr. h.c. mult. Reinhold Würth. Bildnachweis: Würth Archiv

Prof. Dr. h.c. mult. Reinhold Würth, derzeit Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe, und seine Frau Carmen Würth (*1937) gründeten 1987 die “Stiftung Würth”. Die Stiftung fördert Projekte in den Bereichen Kunst, Kultur, Soziales und Bildung, Lehre und Forschung, Integration und Sport.

Carmen Würth. Bildnachweis: Würth Archiv

Schon Jahrzehnte zuvor zeigten  Reinhold und Carmen Würth grosses  Interesse für soziale Fragen sowie  für Kunst und Kultur. Um 1970 begannen sie Kunst zu sammeln. Heute umfasst die Sammlung Würth rund 20 000 Kunstwerke aus über 500 Jahre Kunstgeschichte vom späten Mittelalter bis zur Moderne und Gegenwart – vor allem Malerei und Skulptur.

Bei freiem Eintritt werden die Werke regelmässig in den 15 Museen, Kunstdependancen oder Kunstkabinetten gezeigt, die das Unternehmen europaweit unterhält. Die Sammlung Würth präsentiert ihre Werke ausserdem als Leihgaben in Ausstellungen anderer Museen und Institutionen.

Museum Würth 2 in Künzelsau. Bildnachweis: Würth Archiv

Die Museen, Foren oder Kunstdependancen der Würth-Gruppe

Das Museum Würth in Künzelsau öffnete 1991 seine Pforten, gefolgt von der Kunsthalle Würth in 2001 und der Johanniterkirche mit den Alten Meistern in Schwäbisch Hall im Jahre 2008. Das Museum Würth 2 in Künzelsau entstand 2020 und ist integriert in das Kultur- und Kongresszentrum “Carmen Würth Forum”.

Die Museumsaktivitäten reichen weit über die Region des Gründungsunternehmens hinaus. Seit 1999 hat die Würth-Gruppe Kunstdependancen in Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Spanien und der Schweiz gegründet.

Forum Würth Arlesheim. Bildnachweis: Würth Archiv

Die Drei Kunstdependancen in der Schweiz

Dieser Artikel konzentriert sich insbesondere auf die drei Niederlassungen in der Schweiz, in Rorschach (Kanton St. Gallen), Chur (Kanton Graubünden) und Arlesheim (Kanton Basel-Landschaft).

Er basiert auf einem schriftlichen Interview mit  Frau C. Sylvia Weber, Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Myriam Rüegsegger (Leiterin Forum Würth Arlesheim).

Damit erfährt die Beziehung zwischen der Schweiz, dem Land mit der weltweit höchsten Museumsdichte (im Verhältnis zur Einwohnerzahl) und dem multinationalen Konzern mit den meisten Museen in Europa die wohlverdiente Aufmerksamkeit.

Forum Würth Rorschach. Foto: TES

 Interview mit C. Sylvia Weber, Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe

  • In einem kleinen Land wie der Schweiz gibt es drei Würth-Foren oder Kunstdependancen (in Arlesheim, Chur und Rorschach). Damit ist die Schweiz führend in Europa, abgesehen von den Museen und Institutionen in Deutschland. Gab es einen besonderen Grund, drei Foren in der Schweiz zu eröffnen? Ist ein Forum immer mit einem Firmengebäude verbunden oder gibt es auch alleinstehende Foren?

Hintergrund und Ausgangslage, ein Forum für die Kunst der firmeneigenen Sammlung an verschiedenen europäischen Standorten der Würth-Gruppe einzurichten, waren zum einen jeweils bauliche Erweiterungen oder Neubauten im administrativen oder logistischen Bereich, die die Gesellschaften realisierten.

Dem Beispiel des Museum Würth in Künzelsau am Hauptsitz des Unternehmens in Baden-Württemberg folgend, das 1991 integriert in das Verwaltungsgebäude entstand, wurden so von 1999 bis 2013 zehn Kunstkabinette bzw. Ausstellungsorte in Europa eröffnet, sei es baulich integriert oder alleinstehend, doch immer in unmittelbarer räumlicher Verbindung zum Unternehmen. Denn die Kunstausstellungen adressieren sich ebenso an die Mitarbeitenden bei Würth wie an ein breites, öffentliches Publikum. Überall wird der freie Eintritt gepflegt.

Die Entstehung der Würth-Foren in Chur, Arlesheim und Rorschach im Zeitraum 2002 bis 2013 folgt somit einer Dynamik und Lebendigkeit innerhalb des Unternehmens.

Sodann ist die Sammlung Würth, die der Unternehmer Reinhold Würth seit rund 60 Jahren aufbaut und die heute über 20.000 Werke verfügt, was sie zu einer der bedeutendsten Privatsammlungen der Gegenwart macht, eine immer fruchtbarere Basis geworden, Ausstellungen über Deutschland hinaus zu ermöglichen.

Einblick in den Skulpturenpark des Forums Würth Chur beim Firmengebäude der Würth International AG. Bildnachweis: Würth Archiv 

  • Würth hat eine grosse Kunstsammlung. Haben die Kunstdependancen in der Schweiz auch eine Sammlung oder gibt es nur Wechselausstellungen ?

Die Schweizer Foren verfügen in Arlesheim und Chur über einen eigenen Bestand an Skulpturen, die im Außenbereich der Firmengebäude öffentlich zu sehen sind. Dazu zählen bedeutende Werke von Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely, Bernhard Luginbühl oder Not Vital. Ansonsten finden wechselnde Ausstellungen auf Basis der in Künzelsau am Unternehmenssitz zentral verwalteten Sammlung Würth statt.

  • Wer bestimmt das Thema, den Inhalt und das Konzept der Ausstellungen? Ist jedes Forum autonom oder hat der „Kunstbeirat“ von Würth eine entscheidende oder beratende Stimme? Schwerpunkt: Skulptur, Malerei, Grafik, Natur etc.?

Es ist Reinhold Würth, der die Sammlung seit den 1970er-Jahren parallel zu seiner erfolgreichen Unternehmertätigkeit aufgebaut hat. Bei der strategischen Ausrichtung der Sammlung und ihrer Ausstellungsaktivitäten  ist der Kunstbeirat der Würth-Gruppe beratend tätig. Die Ausstellungen selbst entstehen in Verantwortung der Direktion der Sammlung Würth zusammen mit den jeweiligen Kurator:innen.

  • Es gibt einen Skulpturenpark, Kunstreisen (zu den Würth-Museen in Deutschland), gibt es auch Kunstseminare/Unterricht?

An allen Kunststandorten besteht ein reichhaltiges Vermittlungsprogramm. Dazu gehören Führungen, Workshops, Begleitveranstaltungen für Pädagog:innen, Lesungen, Konferenzen u. v. m. Darüber hinaus gibt es den Verein Freunde der Museen Würth e. V., der besondere Angebote macht, u. a. Kunstreisen.

Forum Würth Arlesheim, Ausstellung ‚Christopher Lehmpfuhl, zwischen Pathos und Pastos‘

  • Gibt es eine Abstimmung oder Koordination zwischen den verschiedenen Museen/Dependancen Würth? Gibt es thematische Schwerpunkte?

Ausgangspunkt aller Ausstellungen bei Würth ist die Sammlung selbst. Medial ist sie auf Malerei und Skulptur fokussiert, inhaltlich vielfältig, was sich dem breit gefächerten   Interesse des leidenschaftlichen Sammlers verdankt. Aus dieser Fülle lassen sich mühelos sowohl monografische wie thematische Akzente setzen.

In unserer Ausstellungshistorie finden sich konstant Namen wie Max Ernst, Christo und Jeanne-Claude, Horst Antes, Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Fernando Botero, David Hockney, um nur einige zu nennen.

Was den Skulpturenschwerpunkt angeht, so wären Alfred Hrdlicka, Anthony Caro, Eduardo Chillida oder Tony Cragg hinzuzufügen. Bei den Themen greifen die Präsentationen immer wieder auf wichtige gesellschaftliche wie kulturelle Topoi zurück, wie das Menschenbild oder die Pflanzenwelt.

Die Sammlung Würth mit Konstanz im Wechsel zu zeigen und zugleich ein breites Publikum für relevante Themen und künstlerisch bedeutsame Positionen zu sensibilisieren, das ist unser Ziel.

  • Sind die Ausstellungen (auch) Wanderausstellungen?

Die Konzepte, die auf Sammlungsbasis entstehen, sind dazu gedacht, an mehreren Standorten in Folge präsentiert zu werden – nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit.

Carl Moll, Venedig, auf der Riva Schiavoni – Blick gegen den Giardino Pubblico, um 1922, Sammlung Würth, Inv. 1879. Ausstellung ‚Wasser, Wolken, Wind ‒ Elementar- und Wetterphänomene in Werken der Sammlung Würth‘, Forum Würth Rorschach, 2023-2025

  • Wie ist die Beziehung zwischen der Kunstsammlung Würth und einer Ausstellung? Werden immer oder meistens Objekte aus dieser Sammlung gezeigt?

Alle Ausstellungen basieren auf dem Bestand und Inhalt der Sammlung Würth.

  • Hat Arlesheim einen eigenen Schwerpunkt, Chur einen besonderen und Rorschach wiederum einen andern? Gibt es eine Koordination zwischen den drei Schweizer Kunstdependancen?

Grundsätzlich sind alle Programme miteinander und aufeinander abgestimmt. Das geschieht, indem sich eine Ausstellungskoordinatorin intensiv und zentral den Ausstellungsvorhaben widmet. Über die reinen Sammlungsausstellungen hinaus wurden in den Schweizer Foren auch immer wieder Ausstellungen in Kooperationen vor Ort realisiert.

Dazu gehören beispielsweise die Ausstellungen mit Kunst von Menschen mit Beeinträchtigung – ein wichtiger Sammelschwerpunkt bei Würth. In Arlesheim geschah dies im Zusammenspiel mit der Kreativwerkstatt des Bürgerspitals in Basel, in Rorschach mit dem open art museum in St. Gallen, einer Institution für schweizerische Naive Kunst und Art Brut. Es gab die Fotoausstellung „HIDDEN – Verborgene Orte in der Schweiz“ und weitere Projekte mit lokal verorteten Themen und Künstlern und Künstler:innen.

  • Gibt es unterschiedliche Zielgruppen/Erfahrungen in Arlesheim/Chur/Rorschach?

Die jeweilige Lage spielt durchaus in die Besucherstruktur mit hinein. So strahlt Arlesheim auf Baden-Württemberg und das Elsass aus und Rorschach auf die gesamte Bodenseeregion mit Österreich und Deutschland.

  • Welche Erfahrungen machen Sie hinsichtlich der Reaktionen des Publikums, anderer Museen, der Gemeinden?

Wir vernetzen uns mit den anderen kulturellen Institutionen vor Ort. Für uns ist der schwellenlose und im Wortsinn barrierefreie Zugang zu Kunst und Kultur erklärtes Ziel. Dazu gehört der freie Eintritt ebenso wie die Ausrichtung unseres Angebots von der Ausstellung bis zur Veranstaltung.

Dieses Engagement wird von den örtlichen Gemeinden positiv aufgenommen und genutzt. Weltweit hat die Sammlung Würth seit 1989 bereits 10,4 Mio. Besuchende begrüßen können. Dank des freien Zutritts werden die Spiel“plätze“ der Sammlung Würth zu den demokratischsten Orten der Welt, um Reinhold Würth zu zitieren.

  • Die Pläne für die Zukunft ?

Wir arbeiten kontinuierlich  daran, unser Publikum immer wieder aufs Neue zu begeistern, in der Schweiz, in Deutschland ebenso wie in Norwegen, Frankreich oder Italien. Die Revitalisierung und Erweiterung der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall durch das international renommierte Architekturbüro Henning Larsen München, die gerade bevorsteht, ist in diesem Sinn ein wichtiger Schritt in die Zukunft.

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Sammlung Würth, Alte Meister in der Johanniterkirche, Schwäbisch Hall. Foto: Bildarchiv Würth