Dreiländerbrücke/la Passerelle des Trois Pays. Foto/Photo: TES

Huningue, Schweizer Neutralität, Alemannisch, Dreiländerbrücke und Zusammenarbeit

Huningue ist bekannt für die Dreiländerbrücke (la Passerelle des Trois Pays), die seit 2007 die Schweiz, Deutschland (Weil am Rhein) und Frankreich (symbolisch) verbindet, oder genauer gesagt Baden, das Elsass und den Kanton Basel-Stadt. Diese weitere Abgrenzung ist aufgrund der Geschichte dieser kleinen Stadt am Rhein interessant.

Die erste Erwähnung von Huningue erfolgte in einem Dokument aus dem Jahr 828 unter dem Namen „Villa Huninga“. Dieses Dokument war eine Schenkungsurkunde an das Kloster von St. Gallen. Die Urkunde erwähnt Villa Huninga als Ort der Unterzeichnung. Der Name Villa und die Unterzeichnung einer Urkunde deuten bereits auf eine gewisse Relevanz hin.

Nach dem elften Jahrhundert war das Fürstbistum Basel Eigentümer (Dinghof) von Huningue. Kulturell gab es auch eine starke Verbindung, Alemannisch war die gesprochene Sprache. Ausserdem ist Basel nur wenige Kilometer entfernt.

Im 12. oder 13. Jahrhundert erwarb jedoch Habsburg diesen Ort. Aufgrund (chronischen) Geldmangels verpfändete Habsburg ihn 1310 erneut an Basel. Einige Zeit später regierte Habsburg wiederum über die Stadt, aber Basel gewann die Kontrolle nach Abschluss einer neuen Pfandurkunde zurück.

Huningue war auch in die Rivalität zwischen Habsburg – mit seinen anderen Besitzungen im Elsass und Teilen von Baden und adeligen Loyalisten (Domherren/Kapitel) in Basel – und Basel verwickelt. Im Jahr 1509 stellten sich die Einwohner von Huningue im Konflikt (dem sogenannten Türkenpfennig) auf die Seite von Basel.

Viele Bürger von Huningue dienten in der Miliz von Basel. Musée historique et militaire de Huningue

Infolgedessen konvertierte Huningue während der Reformation Basels im Jahr 1529 auch zum Protestantismus, als einzige Gemeinde im habsburgischen und katholischen Sundgau!

Unter der Obhut von Basel blieb die Situation bis 1623 stabil, als die Pfandurkunde auslief und Habsburg wieder das vollständige Eigentum erwarb. Basel versuchte noch, Huningue zu erwerben, jedoch erfolglos.

Es war die Zeit des Dreissigjährigen Krieges (1618-1648) und der protestantische Ort am Rhein war von grossem symbolischem und strategischem Interesse für das katholische Habsburg, das damals noch Herr und Meister im Elsass war.

Infolgedessen wurde dieses habsburgische Gebiet im Sundgau 1648 durch den Westfälischen Frieden französisch. Ludwig XIV. (1638-1715), der Sonnenkönig, besuchte Huningue 1681 nach der Eroberung des gesamten Elsass, einschliesslich Straßburgs (und vorübergehend des Breisgaus und Freiburgs in Baden). Am 20. Oktober 1681 kam er nach Huninque nach einer Reise mit 400 Kutschen über Sainte-Marie-aux Mines, Sélestat, Breisach, Freiburg und Ensisheim.

In Ensisheim (der alten Hauptstadt Vorderösterreichs) überhäuften die 13 Kantone der Konföderation und ihr Verbündeter (zugewandter Ort) Mulhouse den Sonnenkönig mit Lob und Ehrungen. Mulhouse blieb bis 1798 (!) noch Mühlhausen, unabhängig und zugleich assoziiertes Mitglied der Konföderation.

Der König war gegenüber den Abgeordneten der Kantone (finanziell) grosszügig und der Gouverneur des Forts, der Marquis de Puisieux, drückte es wie folgt aus:

„Que le roi l’avait chargé de veiller le mieux possible à l’amitié portée à la ville de Bâle et aux bonnes relations avec à la ville de Bâle“.

Modell des Forts von Vauban in Huningue. Musée historique et militaire de Huningue.

 Seit 1516 und 1521 hatten Frankreich und die Konföderation den „Ewigen Frieden“ (la Paix éternelle).Das erste, was der Sonnenkönig jedoch in Huningue tat, war, das neue Fort von Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707), seinem Festungsbauer (siehe unter anderem die (verschwundenen) Forts in Neuf-Brisach, Breisach und Belfort) zu besuchen. Während dieses Besuchs erklärte Seine Majestät:

„Dass die Schweizer Nation sich keine Sorgen über die Errichtung des Forts machen müsse; dass die Stadt Basel nichts zu befürchten habe, dass ihr Handel nur unter diesem Schutz profitieren könne, der die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen garantiere; dass das Fort von Huningue gebaut wurde, um Invasionen zu verhindern und die Schweizer Neutralität zu respektieren“.

Bild: nach einer Zeichnung von Emanuel Büchel (1705-1775), Ville de Huningue. Die (illegale) Erweiterung des Forts Vauban auf der Schusterinsel und dem Gebiet von Basel und teilweise Baden ist am rechten Rheinufer sichtbar. Das Dorf gegenüber von Huningue ist Kleinhüningen im Kanton Basel (heute ist es ein Stadtteil von Basel). Der Fluss ist die Wiese, auf der anderen Seite liegt die Stadt Basel.

Mehr als ein Jahrhundert später, im Jahr 1796, war Huningue eine Frontstadt im Ersten Koalitionskrieg (1792-1797). Österreichische Truppen hatten den Rhein erreicht. Frankreich hatte bereits die Schusterinsel (auch bekannt als Kälberinsel) im Rhein direkt an und über die Grenze von Basel besetzt. Die Garnison zählte mehr als 3‘000 Offiziere und Soldaten unter General Jean Charles Abbatucci (1770-1796).

Place d’Abbatucci 

L’église St. Louis (1700). Die Kirche der Garnison des Forts von Vauban. Nur diese Gebäude des Forts wurden 1815 nicht zerstört. Modell: Musée historique et militaire de Huningue.

Die Neutralität der Konföderation stand auf dem Spiel, weil sich Basel nicht gegen die französische Verletzung ihrer Neutralität gewehrt hatte. Die Situation wurde weiter durch den Vormarsch Österreichs durch das Gebiet von Basel ohne Widerstand und sogar in Zusammenarbeit mit anderen prominenten Bürgern und Gegnern des revolutionären Frankreichs, darunter Johann Rudolf Burckhardt (1750-1813), dem Vater von Sheik Ibrahim ibn Abdallah, kompliziert.

Ein anderer Basler, Peter Ochs (1752-1821), der später eine prominente Rolle in der Helvetischen Republik (1798-1803) spielte, verurteilte insbesondere die Verletzung der Neutralität durch Österreich. Ochs unterstützte die Ideen der Französischen Revolution und wollte die alte Konföderation und ihr Ancien Régime verändern.

Neutralität war bereits damals eine Quelle von Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten. Ochs schrieb ausführlich über diese Neutralität in seiner Geschichte der Stadt und Landschaft Basel/Histoire de Bâle (1786-1821). Dieses Thema hat nichts an Relevanz verloren.

Kapitulation der französischen Truppen vor Österreich. Musée historique et militaire de Huningue. 

Napoleon ignorierte die Worte des Sonnenkönigs und eroberte die alte Konföderation und Basel im Jahr 1798. Das Fort von Vauban wurde nach der französischen Kapitulation im Jahr 1815 abgerissen.

Die Überreste des Forts

Nach drei Kriegen (1870-1871, 1914-1918 und 1939-1945) und der Neutralität der Konföderation verbindet die Dreiländerbrücke/Passerelle des Trois Pays nun das Elsass, Baden und Basel. Die sprachliche Trennung in Französisch, Hochdeutsch und Baseldeutsch scheint jedoch endgültig.

Der Rhein bei Huningue, April 1945

Die Bildungs-, Kultur-, Politik-, Wirtschafts- und Sozialkontakte, Projekte und Austausche sind jedoch intensiv und erfolgreich. Von den 6000 Einwohnern von Huningue arbeiten etwa 1500 in Basel. Der Dichterpfad (Sentier des poèts des trois pays/DreylandDichterweg) entlang des Rheins hat mehr als nur symbolischen Wert. Einst sprachen und schrieben sie dort alle Alemannisch.

(Quelle und weitere Informationen: (Le Bulletin 2023, Societe d’Histoire Huningue, Village-Neuf et de la Région frontalière; Ville de Huningue)

Korrektorin: Giuanna Egger-Maissen

Musée historique et militaire de Huningue

Die Dreiländerbrücke/la Passerelle des Trois Pays von der Place d’Abbattucci aus gesehen

Le canal de Huningue und Park Des eaux vives

Die reformierte Kirche