Gurtnellen, der Gotthardweg, das Strahlnen und Kristall
26 September 2024
Vom Strahlnen (oder Strahlen) haben viele Schweizer und Schweizerinnen wahrscheinlich noch nie gehört. Und doch hat das Strahlen (oder Strahlnen)von Granit das Dorf Gurtnellen im Kanton Uri und Orte in anderen Kantonen weltberühmt gemacht.
Monarchen aus ganz Europa liessen ihre Kronleuchter und andere Gegenstände aus Urner Kristall und Kristall aus anderen Kantonen herstellen.
Strahl ist ein alter Ausdruck für Bergkristall und strahlen (oder strahlnen) ist das schweizerdeutsche Wort für die Suche nach Kristall in den Alpen. Menschen, die in den Alpen nach Kristallen suchen, heissen deshalb heute noch Strahler und die Arbeitsweise strahlen (oder strahlnen).
Die Geschichte des Dorfes geht auf die frühmittelalterliche Zeit zurück. Urkundlich erwähnt wurde die Ortschaft erstmals im 13. und 14. Jahrhundert. Das Dorf liegt am Gotthardübergang, der seit dem 13. Jahrhundert Arbeit und Wohlstand gebracht hat.
Einfache Holzbrücken (Stege), später massive Holz- und schliesslich Steinbrücken waren die Verbindung über die Reuss und die vielen Bäche.
Die Inbetriebnahme der Gotthardstrasse im Jahre 1826 und der Bau und die Eröffnung des ersten Gotthard-Eisenbahntunnels (1872-1982) bedeuteten auch in diesem Dorf starkes Bevölkerungswachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand.
In dieser Zeit entstanden die markanten Häuser des Dorfes. Auch in Gurtnellen stieg die Einwohnerzahl von einigen hundert auf über 1600 im Jahr 1920.
Dahinter steckten nicht nur Dienstleistungen für den Personen- und Güterverkehr, sondern auch andere Gewerbe. Granit-, Blei-, Kupfer-, Silber- und Steinbruchbetriebe und das Strahlen gehörten zu den wichtigen Pfeilern der lokalen Wirtschaft.
Das „Strahlen“ der Mineralien und der Kristall des Aaregranits machten das Dorf, und andere Orte weltberühmt! (Siehe auch das Buch über das Strahlen in Graubünden: Flurin Maissen, Mineralklüfte und Strahler der Surselva, Disentis 1988).
Flurin Maissen (1906-1999) wurde der „Grüne Pater“ (Kloster Disentis) genannt, dank seinem Engagement für den Umweltschutz und alternative Energien. 1969 war er Mitbegründer des Institut per studis retoromontschs in Rumein, später Fundaziun Retoromana Pader Flurin Maissen in Laax.
Wie vielerorts wurde auch in Gurtnellen schon früh, um 1925, ein Wasserkraftwerk für weissen Strom gebaut. Heute bietet das vielseitige und innovative Dorf einen schönen Rastplatz an der Gotthardstrasse und hat sich sein ländliches Erscheinungsbild erhalten.
In gewisser Weise symbolisiert Gurtnellen eine der Qualitäten der Schweiz: Altes und Traditionen pflegen und mit neuen, innovativen und modernen Erkenntnissen, Wirtschafts-, Klimat- und Lebensweisen verbinden.
(Quelle und weitere Informationen: Gemeinde Gurtnellen; Schweizer Strahlermuseum)
Korrektorin: Giuanna Egger-Maissen