Kanton Tessin

Der Kanton Tessin (Ticino) liegt hauptsächlich auf der Südseite der Alpen. Das Gebiet besteht aus zwei Teilen, die durch den Monte Ceneri getrennt sind.

Die geografische Lage

Das Sopraceneri ist noch Teil der Alpen, das Sottoceneri liegt am Fusse der Alpen und der Poebene.

Der Kanton hat seinen Namen vom Fluss Tessin (Ticino). Der Kanton grenzt an den Lago Maggiore und den Luganer See, an die Lombardei (die Provinzen Varese und Como) und Piemont sowie an die Schweizer Kantone Uri, Wallis und Graubünden.

Die Römer

Das Tessin war schon zu Zeiten der Römer eine wichtige Transitroute. Die Pässe San Bernardino, Julier, Septimer und Splügen verbanden dieses Seengebiet mit dem Rhonetal, dem Bodensee, dem Rhein, der Donau und den römischen Provinzen im Norden.

In der Römerzeit war das Gebiet Teil der Provinz Gallia Transpadana und später Regio XI.

5. Jahrhundert – 16. Jahrhundert

Die Langobarden eroberten die Region im 5. und 6. Jahrhundert. Karl der Grosse besiegte die Langobarden in Italien im Jahr 774. Der Bischof von Como und der Herzog von Mailand wurden zu Herrschern über das Frankenreich und Tessin.

Im 13. Jahrhundert entwickelten sich in der Gegend relativ autonome Gemeinden. Locarno wurde bereits 1191 der Status einer freien Reichsstadt verliehen. Bellinzona (die heutige Hauptstadt des Kantons) und Lugano hatten zwar keine Stadtrechte, handelten aber in mancher Hinsicht wie Städte. Sie organisierten zum Beispiel Märkte.

Dies ist eine Parallele zu der ähnlichen Entwicklung in Gebieten auf der anderen Seite des Gotthardpasses. Vielleicht inspirierten die Entwicklungen im Tessin die ersten Eidgenossen ab 1230.

Die Herzöge von Mailand (die Viscontis) erlangten im 14. Jahrhundert die Alleinherrschaft im Tessin. Ab 1403 drangen Uri, Unterwalden und Schwyz in das Gebiet ein, um den Gotthardpass zu kontrollieren.

Mailand schloss 1494 ein Bündnis gegen die Eidgenossen und gegen den Papst mit Frankreich. Dies führte abermals zu einer Gebietserweiterung der Eidgenossen in den heutigen Kanton Tessin.

Die Niederlage bei Marignano (1515) führte zur Anerkennung dieses Status quo und dem „ewigen Frieden“ mit Frankreich (1516, la Paix perpétuelle).

Das Tessin als besetztes Gebiet (Untertanengebiet) wurde von den Kantonen mit dem Vogt als höchstem Vertreter verwaltet.

1798-1848

Die Helvetische Republik (1798-1803) ersetzte diesen Zustand durch den Status eines Bezirks. Die meisten Einwohner wollten nicht Teil der von Napoleon geschaffenen italienischen Republik Cisalpina werden, sondern bei der Schweiz bleiben: Liberi e Svizzeri.

Die Mediationsakte schuf 1803 den neuen Kanton Tessin und erkannte Italienisch als Sprache der Eidgenossenschaft an. Die neuen Konföderationen von 1815 und 1848 bestätigten diese Situation.

Irredentissmo

Die Einigung Italiens 1861 bedeutete neue Unruhen: Irredentissmo, italienischsprachige Gebiete gehörten zu Italien.

Diese erreichte ihren Höhepunkt während der Herrschaft von Mussolini in den Jahren 1922-1943 (und bis April 1945 in der Republik Salo). Doch die meisten Tessiner wollten davon nichts wissen.

Die italienischen und insbesondere lombardischen Einflüsse sind und bleiben unverkennbar. Die Sprache, die Architektur, die Klöster, die Schlösser, die Kunst und das kulturelle Erbe zeugen davon.

Der Gotthardtunnel

Der Gotthardtunnel von 1882 und der neue Gotthard-Basistunnel von 2016 bringen das Tessin näher an den Rest der Schweiz und umgekehrt. Corona hat sogar für viele Deutsch- und Französischsprachige Schweizer zu einer Entdeckungsreise in diesen Kanton geführt.

Die Flagge und das Emblem

Die Flagge des Kantons unterscheidet sich kurioserweise von seinem Wappen. Am 23. Mai 1803 übernahm der Kanton die Farben: Rot und Blau.

Die Flagge hat jedoch zwei vertikale Streifen. Das Emblem hat zwei horizontale Streifen. man weiss nicht warum, genauso wie der Ursprung der Farben nicht bekannt ist.

(Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz, Kanton Tessin, https://hls-dhs-dss.ch, 24.10.2022).

Korrektorin: Melinda Fechner