Riom. Foto/Photo: TES

Rätoromanische oder deutschsprachige Gemeinden ?

Die beiden Gemeinden Surses (Oberhalbstein auf Deutsch) und Muntogna da Schons (Schamserberg auf Deutsch) im Kanton Graubünden werden künftig nicht mehr als rätoromanische, sondern als deutschsprachige Gemeinden betrachtet. Das gab das Bundesamt für Statistik (BfS) im Dezember bekannt.

Surses ist eine Gemeinde im Park Ela in der Region Albula. Savognin, Bivio, Salouf, Riom-Parsonz, Cunter, Tinizong-Rona, Mulegns, Sur und Marmorera haben sich 2016 zur Gemeinde Surses zusammengeschlossen. Die romanische Sprache ist Surmiran.

Bivio

Muntogna da Schons, nahe beim Park Beverin, ist eine Gemeinde in der Region Viamala. Sie umfasst die Dörfer Casti, Donat, Farden, Lohn, Pazen und Wergenstein. Die romanische Sprache ist Sutselvisch, nicht zu verwechseln mit dem am Vorderrhein gesprochenen Surselvisch.

Die zwei Gemeinden stören sich jedoch an der Neubeurteilung des BfS. Auch wenn die Zuordnunge keine politischen Folgen hat, wollen Surses und Muntogna nicht als Deutschschweizer Gemeinden gelten.

Die sprachliche Zuordnung der Gemeinden sei durch das Sprachengesetz des Kantons Graubünden geregelt. Und da in Surses 50,6 Prozent der Personen Rätoromanisch (Surmiran) als Hauptsprache angeben, gelte die Gemeinde gemäss dem Gesetz klar als romanisch. Gleichzeitig gaben aber eben auch 61,2 Prozent der Bevölkerung an, Deutsch als Hauptsprache zu sprechen, eine zweisprachige Gemeinde also.

Mulegns, Post Hotel Löwe

Die Zahlen zeigen, dass mehrere Einwohnerinnen und Einwohner angaben,  Deutsch und Romanisch sei ihre Hauptsprache. Gemäss dem Sprachengesetz gelten im Kanton Graubünden Gemeinden mit einem Anteil von mindestens 40 Prozent  Angehöriger einer authentisch angestammten Sprachgemeinschaft als «einsprachige Gemeinden». In diesen ist die angestammte Sprache kommunale Amtssprache. Die Gemeinde Surses sieht sich daher auch weiterhin als Gemeinde mit Rätoromanisch als Amts- und Schulsprache.

Die sprachliche Aufteilung der Gemeinden ist im Sprachengesetz des Kantons Graubünden geregelt und fällt nicht in die Kompetenz des Bundes. Die Gemeinden sind klar der Auffassung, dass nicht der Bund oder ein Bundesamt für Statistik die Sprache bestimmen, sondern die Kantonsverfassung und das Gemeindegesetz.

Die italienischen, deutschen und französischen Sprachgrenzen haben sich in der Schweiz seit Jahrhunderten kaum verändert. Nur das Rätoromanische hat seit dem 19. Jahhundert geografisch an Grösse eingebüsst.

Die Verschiebung zulasten des rätoromanischen Gebietes seit der letzten Erhebung vor fünf Jahren könne jedoch nicht mit einer Abnahme der rätoromanisch sprechenden Menschen erklärt werden.

Die Zahl der Rätoromaninnen und Rätoromanen sei seit Jahrzehnten bei etwas über 40’000-50 000 Menschen nahezu stabil. Die Zahl der deutsch sprechenden Menschen in den rätoromanischen Gemeinden nehme seit Beginn der Zählungen im Jahr 1860 jedoch stark zu.

So hätten die Oberengadiner Tourismusorte bereits um 1888 und die Gemeinden im Domleschg um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert von der rätoromanischen zur deutschen Schweiz gewechselt.

Dieser Wandel habe sich im Verlauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark akzentuiert. Heute ist die Zahl  der Rätoromaninnen und Rätoromanen relativ stabil, nur nehmen die anderen Sprachen (u.a. Deutsch, Englisch, Portugesisch) immer stärker zu.

(Quellen: Lia Rumantscha, La Quotidiana)

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

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