Bauernkrieg, Reformation, Wiedertäufer und eidgenössische und deutsche Verfassungen im Jahr 1525
13 Februar 2025
Der Friede von Basel (1499) kam in einer Zeit grosser Veränderungen zustande. Obwohl historische Vergleiche zumeist anachronistisch sind (wie auch oft die heutige Kritik an unseren Vorfahren), ist es dennoch interessant, die Zeit um 1500 (Humanismus-Renaissance) mit der Zeit um 2000 (zu früh für eine Bezeichnung) zu vergleichen.
Neue Kommunikationstechniken und der Buchdruck (1500), digitale Medien und künstliche Intelligenz (2000), Entdeckung neuer Kontinente (1500), Erforschung des Universums (2000), (radikale) Reform- und Protestbewegungen von Protestanten, Bauern und Bürgern (1500) oder von Präsidenten (USA), Bürgern und Bauern (verschiedene europäische Länder (2000), Angst vor anderen Religionen/Ländern – Osmanisches Reich (1500)oder Angst vor Einwanderung, Russland und Terrorismus (2000), Opposition Kirche, Adel, städtische Eliten – Land (1500), Opposition städtische Hochgebildete – Land (2000).
Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Das Dreiländermuseum in Lörrach präsentiert die Ausstellung „Umbrüche“. Sie behandelt den Aufstand von 1525 im Zusammenhang mit der Reformation und insbesondere der Bewegung der Wiedertäufer.
Der Titel „Umbrüche“ ist, wie oben kurz angedeutet, eine Charakterisierung dieser Zeit. Die Privilegien von Adel und Kirche, oligarchische Stadtverwaltungen, kirchliche Missstände und Armut, Hunger und Perspektivlosigkeit für die Mehrheit der Bevölkerung (damals Bauern) bildeten den Nährboden für den Bauernkrieg von 1525.
Holzschnitt um 1500. Die drei Ränge: links die Kirche (betend), rechts der Adel (schützend) und unten die Bauern (arbeitend). Private Leihgabe
Die Reformation von 1517 war jedoch die ideologische Initialzündung für den Aufstand:
„Hier liegt die These nahe, dass in der Radikalisierung der reformatorischen Bewegung der revolutionäre Aspekt des Bauernkriegs zu suchen ist. Der Bauernkrieg war eine Massenbewegung. Getragen wurde sie vom Schwung der evangelischen Bewegung, deren Ziele in Bezug auf die Abschaffung des geistlichen Standes die Empörer mit radikalen Mitteln umzusetzen suchten. Überdies zielte der Aufstand mit einem großen Spektrum von Beschwerden und Forderungen“, G. Schwerhoff, der Bauernkrieg, S. 581/583).
Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Bestehende Machtstrukturen von Kirche, Adel und Bürgertum in den Städten wurden zur Zielscheibe von Bauern und Unzufriedenen in den Städten und Gemeinden. Die Reformatoren wollten jedoch keine Veränderung der sozialen Strukturen, sondern lediglich eine Reform der Kirche.
Während die Reformatoren in religiösen Fragen oft zerstritten waren (Martin Luther und Huldrych Zwingli zum Beispiel), waren sie sich in der (sehr) gewaltsamen Unterdrückung der Bauern einig. Ihrer Ansicht nach verdienten die Wiedertäufer die gleiche Behandlung wie die Bauern, weil diese religiöse Bewegung ebenfalls die bestehenden Machtstrukturen in Frage stellte.
Folglich wurden die Wiedertäufer und die (protestantischen) Bauern zu Verbündeten. Obwohl die Wiedertäufer formell Gewalt ablehnten, stellten sie sich in diesem Krieg mit Waffen manchmal auf die Seite der Aufständischen.
Katholische und evangelische Gebiete in der Eidgenossenschaft um 1700. Diese Situation bestand seit etwa 1530. In den katholischen Gebieten blieb es 1525 ruhig. Bild: Historisches Museum Baden (CH)
Der Bauernkrieg von 1525 und die Wiedertäufer in der Eidgenossenschaft
Der Bauernkrieg, der weite Teile Mitteleuropas und insbesondere Südwestdeutschland und das Elsass in Brand setzte, begann mit der Reformation in Zürich.
Huldrych Zwingli führte um 1524 die Reformation in Zürich ein. Der Widerstand gegen die Kirche und die „richtige“ Auslegung der ins Deutsche übersetzten Bibel bekamen bald eine soziale Dimension. Die Bauern sahen im Protestantismus den Anstoss für einen sozialen Wandel hin zu mehr Demokratisierung und einer Änderung der Privilegien der Grundbesitzer.
Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Die Bauern organisierten sich, und mit Hilfe des Buchdrucks verbreitete sich der Aufstand so schnell wie die Reformation. In mehreren Kantonen, vor allem in den Kantonen Bern, Zürich, Schaffhausen, Solothurn und Basel, kam es zu Unruhen, Plünderungen und bewaffneten Aufständen.
Der Ittinger Klostersturm vom 18. Juli 1524 (die Plünderung der Kartause Ittingen damals ein Untertanengebiet der Eidgenossenschaft), ist eines der berüchtigten Beispiele. Es ist kein Zufall, dass die Aufstände in den genannten Kantonen stattfanden. Sie waren bereits oder wurden bald protestantisch. Dies gilt sogar für Solothurn, das immerhin auch kurzzeitig protestantisch war. In den katholischen Kantonen blieb es meist ruhig.
Kartause Ittingen heute
Der eidgenössische Pragmatismus, die Kompromissbereitschaft, verbunden mit einer massvollen Repression, führte zu einem raschen Ende der Unruhe. Die Bauern erhielten einige Zusagen, was die Unzufriedenheit jedoch nur teilweise besänftigte (siehe z.B. den Bauernaufstand von 1653 oder die Spaltung des Kantons Basel 1833). Alles in allem funktionierte das Kompromissmodell aber recht gut im Verhältnis zu den umliegenden Regionen.
Nur gegenüber den Wiedertäufern blieben die Positionen bis weit ins 18. Jahrhundert hinein unversöhnlich, obwohl die Zahl der Hinrichtungen nicht so hoch war wie in anderen Ländern.
Der römisch-deutsche König und Kaiser, die sieben Kurfürsten links und rechts neben dem „Imperator“ und Orten des Heiligen Römischen Reiches. Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Bauernkrieg und Wiedertäufer in Deutschland und im Elsass
Der Aufstand der Bauern (ca. 80 % der Bevölkerung) breitete sich schnell auf die rechtsrheinischen Gebiete im Südwesten Deutschlands und von dort auf die nördlichen Gebiete und das Elsass aus.
Die Motive, die Rolle der Reformation und der Reformatoren sowie die Forderungen waren dieselben. Diese wurden in den „Zwölf Artikeln von Memmingen“ vom 15. März 1525 zusammengefasst.
Die Zwölf Artikel von Memmingen und das Originaltitelblatt. Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Nach heutigen Massstäben waren es moderate und vernünftige Forderungen. Für die protestantischen und katholischen Machthaber waren es jedoch „ketzerische“ Ansichten, die die von Gott geschaffenen sozialen Strukturen in Frage stellten. Anders als bei der Eidgenossenschaft handelte es sich bei den Herrschern in dieser Region um Adelsgeschlechter und Monarchen, die zu keinerlei Kompromissen bereit waren.
Der Schwäbische Bund, von dem bereits in einem früheren Artikel die Rede war, wandte sich nun gegen seine Untertanen. Die schlecht trainierten und bewaffneten Bauern waren den gegnerischen Armeen nicht gewachsen. Nach anfänglichen Erfolgen und Plünderungen von Klöstern, Kirchen, Schlössern und anderen Einrichtungen erlitten sie eine Niederlage nach der anderen.
Die Herrscher waren auch nachher gegenüber diesen Aufständischen meistens ebenso rücksichtslos wie gegenüber den Wiedertäufern.
Choreografin und Tänzerin Marie da Silva thematisiert in einer Videopräsentation mit Schülern der Lörracher Tanzschule „Art & Dance“ das Thema „Umbrüche“.
Fazit
Die Ausstellung im Dreiländermuseum befasst sich insbesondere mit den Motiven und dem Verlauf des Bauernkriegs, der Reformation und der Rolle der Wiedertäufer.
Das Museum versucht, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verbinden. Es tut dies jedoch nicht aus einem anachronistischen Blickwinkel heraus, sondern lässt die Besucher selbst interpretieren und entscheiden.
In der Eidgenossenschaft war der Bauernaufstand von kurzer Dauer und verlief relativ friedlich. Dasselbe gilt für die Reformation, obwohl sie zu einer Spaltung in (streng) katholische und (streng) protestantische Kantone oder zu Spaltungen in Städten, Familien und Kantonen führte, mit einigen Exzessen in den Jahren 1529, 1531,1656, 1712 und schliesslich 1847.
Auch die Verfolgung der Wiedertäufer war relativ milde, obwohl sie auch in der Eidgenossenschaft nicht geduldet wurden. Darin waren sich katholische und protestantische Kantone einig.
Der dezentrale Aufbau der Eidgenossenschaft, die Landsgemeinden und das Fehlen von Monarchen und damit verbundenen Dynastien verhinderten Schlimmeres. Auch die friedliche Teilung von Appenzell (1597), das Simultaneum in Glarus und anderen Orten und die Duldung von protestantischen oder katholischen Gemeinden in den Kantonen weisen darauf hin.
Zudem war die Eidgenossenschaft ein Bündnis von gleichberechtigten katholischen und protestantischen Kantonen. Das protestantische Bern und das katholische Freiburg arbeiteten zum Beispiel in einigen Bereichen eng zusammen. Das protestantische Basel erlebte nur eine kurze Phase der Unterdrückung der Katholiken (1529-1533).
In Deutschland und im Elsass war die politische Organisation trotz der zahlreichen freien Reichsstädte (d. h. Städte mit Reichsunmittelbarkeit) anders. Mehr als hundert Jahre später (1618-1648, 1672-1697, 1702-1714) war diese Region erneut in dynastische Konflikte verwickelt, die weitgehend an der Eidgenossenschaft vorbeigingen.
Die Belagerung von Molsheim im Elsass im Jahr 1610. Das Elsass war bis 1648 habsburgisches Gebiet, hatte aber katholische und protestantische Gebiete. Auf diesem Kupferstich (um 1615) belagern protestantische Truppen die katholische Stadt Molsheim. Sammlung: Dreiländermuseum Lörrach
Um mit dem Anfang dieses Beitrags zu enden. Auch in der Gegenwart gibt es Entwicklungen, die ängstlich und unsicher machen. Doch wie ein Staatsmann um 1976 verkündete, „rien ne dure sans les institutions“.
In dieser Hinsicht haben sich die alte Eidgenossenschaft und die neue Konföderation von 1848 bereits in mehreren Krisen als das am wenigsten schlechte politische System erwiesen.
Die heutige Bundesrepublik Deutschland ist eine relativ neue Kreation mit einer besonderen Erweiterung nach 1989. Angesichts ihrer Grösse, ihrer Vergangenheit und der Integration eines ehemals kommunistischen Landes ist sie ebenfalls ein Beispiel für das am wenigsten schlechte politische System.
Es ist bedeutungsvoll, dass das Dreiländermuseum der ersten grossen organisierten Revolte in Deutschland Aufmerksamkeit schenkt und sie in den Zusammenhang mit der Reformation und insbesondere den Wiedertäufern stellt. Denn jede Protest- oder Reformationsbewegung hat eine Reihe von Ursachen, das galt um 1500 und das gilt auch heute.
(Quelle und weitere Informationen: Gerd Schwerhoff, Der Bauernkrieg. Geschichte einer wilden Handlung, München, 2024; Dreiländermuseum Lörrach)
Korrektorin: Eva Maria Fahrni