Die Abtei Romainmôtier
12 Juli 2023
Um 450 soll der Mönch Romanus nach seiner Ausbildung in der Abtei Ainay in Lyon mit seinem Bruder Lupicinus ein Kloster im Nozontal in der heutigen Schweiz errichtet haben.
Der Ortsname Romainmôtier (das Kloster des Romanus) erklärt sich vielleicht dadurch, wenn dieser nicht auf mögliche Sonderbeziehungen des Klosters zu Rom zurückzuführen ist (romanum monasterium).
Bis in die Mitte des 8. Jahrhunderts fehlen aber jegliche Quellen zur Geschichte des Klosters und zu seinen möglichen Funktion als Etappenort auf dem Weg zwischen den burgundischen und den norditalienischen Abteien.
Nur Jonas von Bobbio (600-659) überliefert in seiner Vita des irischen Mönches Columban (540-615) das Kloster.
Gegen Ende von 753 machte Papst Stephan II (Papst von 752 bis 757), auf dem Weg zum König Pippin (714-768), Halt in Romainmôtier und stellte das Kloster unter die direkte Herrschaft und den Schutz von Rom.
In 928 oder 929 wurde das Kloster der Abtei Cluny (selbst entstanden in 910) übertragen. Diese Übertragung führte zu einer Blüte, die mehr als ein halbes Jahrtausend anhalten sollte (bis zur Reformation in 1536 und dem Bildensturm in 1537).
Das 11., 12. und 13. Jahrhundert waren geprägt durch die fortlaufende Erweiterung des Grundbesitzes und die Gründung kleiner Priorate auf entfernten Landgütern, die Romainmôtier unterstanden.
Die Äbten von Cluny von 927-1109 (Odo, Maiolus, Odilo und Hugo) haben auch Romainmôtier geprägt.
In den Jahrhunderten vor der Übergabe an Cluny folgten mehrere Kirchenbauten nacheinander. Vorgängerinnen der romanischen Kirche waren zwei kleinere Saalkirchen mit Apsis und seitlichen Anbauten.
Es ist eben denkbar, dass in Romainmôtier von Anfang an mit einem Doppelkirchensystem gearbeitet wurde. Die Übernahme von Cluny war der Anlass zu grösseren Umbauten, die in mehreren Phasen erfolgten.
Die grossen Bauetappen erfolgten unter der Aufsicht Odilos (Abt von Cluny 993-1048) und nach dem Vorbild des zweiten Baus der Mutterkirche Cluny II (Cluny III wurde 1088-1130 gebaut).
Wenige Jahre nach dem Bau wurde die Kirche im Westen durch eine zweigeschossige Vorkirche verlängert.
Das erste Bauwerk der Gotik, die kleine Vorhalle im Westen, ist Mitte des 13.Jahrhundert zu datieren. Im späten 13.Jahrhundert erlitt die Klosteranlage zwei Brände. Sie hatten aufwändige Instandsetzungen und Umbauten zur Folge.
Infolge der Reformation wurden der Kreuzgang geviert und ein Teil der Klostergebäude abgebrochen. Erhalten blieben nur die Kirche und die kreuzformige Kapelle.
Am Äusseren lassen sich die verschiedenen Bauetappen heute deutlich ablesen. Den Kern bilden die erhaltenen Teile der cluniazensischen Kirche: das Langhaus, das Querschiff, die Vorchorjoche und der Vierungsturm.
Die Aussenwände sind grössenteils mit den für die Romanik typischen Lisenen und Blendarkaden gegliedert. Die Nordfassade des Querschiffs ist aber der einzige vollständig erhaltene romanische Bauteil.
Die Fenster fügen sich regelmässig zwischen die Lisenen. Die ursprüngliche Westfassade wird gänzlich durch den mächtigen Bau der im dritten Viertel des 11. Jahrhunderts errichteten Vorkirche verdeckt. Den Ostabschluss bildet das rechteckige gotische Chorhaupt.
Die Besichtigung des Innern sollte man selbst erlebt haben. Kapitelle mit Knospen, Blatt- und Palmettenranke mit Fabeltieren, Reliefbänder mit Rosetten, Lilienblüten und Weinranken, Tonnengewölbe, Bogen und Pfeilern, Archivolten, Wandmalereien, Skulpturen, Glasmalerei und ein Ambo.
(Quelle: Philippe Jaton, Die ehemalige Klosterkirche Romainmôtier (Bern 2007): Klaus Kissling, Romainmôtier historique, Notre histoire, Oktober 2015).