De Bastei, Nijmegen. Photo/Foto: Eric Brouwer.

1500 Schweizer auf einem Floss

Eine Chronik aus dem 19. Jahrhundert (Jan Willem van Druijnen, Leven aan de Waal of Vervolg der Kronijk van Nijmegen 1819-1859) berichtet, dass am 28. Juli, am 4. und 8. August 1819 mehr als 1500 Schweizer auf einem grossen Floss nach Nimwegen auf dem Weg nach Dordrecht kamen, um per Schiff nach Brasilien auszuwandern.

Es ist nicht nur ein Hinweis auf die massenhafte Auswanderung aus dieser Region in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern zeigt auch, welchen Weg die Auswanderer genommen haben.

Die Flussfahrt war zu dieser Zeit die sicherste, billigste und bequemste Art zu reisen. Die (hygienischen) Bedingungen waren natürlich katastrophal, aber das war damals bei jeder Reise für arme Auswanderer so.

Seit Jahrhunderten sind Holzflösse das bemerkenswerteste, aber vergessene Verkehrsmittel auf dem Rhein. Im 16. Jahrhundert begann dieser Transport, nachdem in den Niederlanden 1521 beschlossen wurde, dass Häuser in den Städten nur mit Steinen gebaut werden dürfen.

Die Nachfrage nach (langen) Pfählen zur Verstärkung der Fundamente der Häuser in diesem Delta war enorm. Allein der Palast am Dammplatz wurde zum Beispiel auf mehr als 13.000 Pfählen errichtet.

Auch die florierende Schiffbauindustrie benötigte sehr viel Holz. Dieses Holz (Eiche, Buche, Kiefer) war in den Vogesen, im Schwarzwald und anderen Waldgebieten am Rhein reichlich vorhanden.

Kleinere Flüsse  transportierten die gefällten Bäume stromabwärts nach Mainz und Mannheim am Rhein, wo die Pfähle zu riesigen Flössen von bis zu 300 Metern Länge und 60 Metern Breite zusammengebunden wurden.

Von Koblenz ging es dann zum Endhafen von Dordrecht, wo das Floss demontiert und an lokale Kunden verkauft wurde. Ein Holzfloss enthielt rund 30.000 m3 Baumpfähle.

Diese riesigen Flösse wurden Höllander Flösse genannt. Es war eine komplizierte logistische Aufgabe, die Flösse flussabwärts mit einer Geschwindigkeit von ca. 16-20 Kilometern pro Tag zu manövrieren.

Hunderte von Besatzungsmitgliedern (und zusätzlichen Auswanderern) lebten und schliefen auf dem Floss in Holzhütten auf Stroh. Der Flottenherr, Steuermann und die anderen wichtigen Herrn hatten angenehmere Hütten. Schweine und andere Schlachttiere, tausende Kilo Mehl, Käse und Butter, Salz, Erbsen und Bohnen sowie zehntausende Liter Bier wurden als Nahrungsmittel mitgenommen.

Alles und jeder musste aus dem Weg gehen, wenn einer der Kolosse auftauchte. Ein kleines Boot mit rot-weisser Flagge segelte eine Stunde voraus, um zu warnen.

Der Bremsweg mit Dutzenden von schweren Ankern war kilometerlang. Brückenpfeiler, Kais und andere Schiffe mussten oft den Preis dafür zahlen. Das Floss hingegen konnte einen Schlag ertragen.

Hunderte von Besatzungsmitgliedern ruderten das Floss, begleiteten es seitlich oder besetzten die sogenannten Knien vorne mit Seilen.

Hunderte dieser Flösse passierten den Waal bei Nimwegen auf dem Weg nach Dordrecht. Es war eine äusserst lukrative Geschäftstätigkeit und die Gewinne waren fabelhaft.

Ein Floss entsprach damals einem Wert von bis zu 1 Million Gulden. Die Kosten waren natürlich auch hoch, nur bei der Maut waren etwa 40 000 – 60 000 Gulden beteiligt, zusätzlich zu den Anschaffungskosten für Holz, Mannschaft und Futter.

Das letzte Floss überquerte 1967 den Rhein und bestand nur aus 2.500 Pfählen, die von Schiffen gezogen wurden. Vier Jahrhunderte des Transports mit Flössen waren zu Ende.

Die Schweiz war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als einem Jahrhundert ein Einwanderungsziel.  Eine Nachbildung dieser Holzflösse ist in der Bastei in Nimwegen zu bewundern.

(Quelle: K. Moerbeek, B. Gunterman, Het Nijmeegsch Rondgezicht. Een tentoonstelling over het oudste stadspanorama van Nederland, Nimwegen 2019).